Geschichte der Chili
Geschichte der Chili
Die Geschichte der Chili - ein detaillierter Bericht über das am meisten verwendete Gewürz weltweit.
Ursprung der Chili-Wildpflanze
Die ursprüngliche Heimat der scharfen Schoten liegt in Süd- und Mittelamerika. Forscher platzieren den Ursprung der Ausbreitung der Pflanze - also im wahrsten Sinne des Wortes den "Hot Spot" – in der Region von Südbrasilien/Bolivien. Dort gibt es die meisten wilden Chili-Sorten der Welt. Viele weitere Sorten wurden auch in den Anden gefunden. Die Wildsorten haben meist kleine, runde und immens scharfe Früchte. Von Brasilien und den Anden aus hat sich die Wildform der Pflanze über Vögel zunächst in ganz Süd- und Mittelamerika verbreitet. Heute gibt es 26 bekannte wilde Arten der Chilipflanze und 5 Arten, die für den Anbau genutzt werden.1
Chili-Nutzung durch den Menschen
Chili ist eines der ältesten Lebensmittel Amerikas und wurde lange vor der Maya-Zeit kultiviert und genutzt. Die ältesten archäologischen Funde von Chili (Capsicum annum, die heute am weitesten verbreitete Art) stammen aus menschlichen Siedlungen im Osten von Mexiko (Tehuacán Valley) aus der Zeit 7.000 – 5.000 v.Chr., also aus einer Zeit noch bevor der Mensch die Töpferei kannte.1 In Ecuador zum Beispiel fand man die ältesten Chili-Reste (Stärkepartikel) auf Mühlsteinen und Kochgefäßen und in Panama an Steinwerkzeugen. 2
In Peru, Venezuela, Ecuador, Panama und in der Karibik wurden Frühformen gefunden, die darauf hinweisen, dass der Mensch die Wildpflanzen durch Zucht verändert hatte. Diese gezüchteten Chilis hatten größere Früchte als die Wildformen. Es gibt also mehrere voneinander unabhängige Regionen und Zeitpunkte, in denen der Mensch unterschiedliche Sorten der Chili für sich nutzbar machte. So wurde zum Beispiel die Art gelbe Laternen-Chili (Capsicum chinense) im Amazonastiefland verwendet, die Baumchili Rocoto (C. pubescens) in den südlichen Anden und eine strauchige Chili mit beerenförmigen Früchten (C. baccatum) in der bolivianischen Tiefebene. In der Karibik entstand die fünfte Form C. fructescens, die die heute bekannten Sorten Piri Piri oder Tabasco hervorbrachte. 3
Die archäologischen Funde lassen nur vermuten, wie die Chilis in der Frühzeit des Menschen genutzt wurden. Man fand neben Chili die Reste von Mais, Kartoffeln, Maniok, Bohnen und Kürbis, was darauf hinweist, dass die Menschen ähnliche Gerichte zubereiteten wie auch heute noch: Gemüseeintöpfe, Suppen und Mais-Tortillas – und das alles schön scharf. Der Mensch entdeckte also früh die Vorteile der Pflanze: als Gewürz, Gemüse und als Heilmittel. Sie war über Jahrtausende fester Bestandteil der mittel- und südamerikanischen Küche.
Chilis in der Maya- und Azteken-Zeit
Untersuchungen an Gefäßen aus einer Ausgrabungsstätte in Chiapas (Mexiko) zeigen, dass um 400 v.Chr. in der frühen Maya-Zeit Chilisaucen oder scharfe Getränke hergestellt und verwendet wurden (und zwar nicht im Zusammenhang mit Kakao, sondern davon unabhängig). 4 Der mit Chili, Mais und Honig gewürzte Kakao schließlich war eines der Hauptgetränke der Mayas (nachgewiesen bereits ab 600 v. Chr. 5).
Aber Chilis fanden nicht nur Anwendung in der Küche. Sie wurden zum Beispiel als Räucherwerk verbrannt, zum Austreiben von bösen Geistern oder gleich als Foltermethode für unliebsame Zeitgenossen verwendet. Und nicht zum Nachmachen geeignet: Bei den Azteken wurden Jungen, die nicht auf ihre Erziehungsberechtigten hören wollten, damit bestraft, dass sie über den Rauch von gerösteten Chilis gehalten wurden; Mädchen mussten „nur“ davor knien (Codex Mendoza).
Die Chilis waren bei den Azteken außerdem Teil einer Tributzahlung, die an den König gezahlt werden musste. Chilis scheinen zu dieser Zeit auch religiöse Bedeutung gehabt zu haben, da sie teilweise auf rituellen Steinreliefs zu finden sind. Bis heute ist Chili in diesen Regionen auch Bestandteil des berauschenden Getränks Ayahuasca oder wird Schnupftabak oder Coca hinzugefügt.
Christoph Kolumbus
Von Mittelamerika aus hat die Chili-Pflanze ihren Siegeszug über die gesamte Welt angetreten. Sie kam mit Christoph Kolumbus über den Atlantik nach Europa. Er segelte 1492 im Auftrag der spanischen Krone nach Westen um einen neuen Seeweg nach Indien zu finden. Indien war damals die Hauptquelle für Gewürze, darunter auch für Pfeffer, der selten, teuer und heiß begehrt war. Ein Hauptauftrag seiner Reise war somit auch die Suche nach ergiebigen Pfeffervorkommen, die den spanischen Hof unabhängig vom venezianischen Handel machen sollten. Am 1. Januar 1493 entdeckte er auf seiner ersten Reise die Nordküste des heutigen Haiti und bekam von den dortigen Ureinwohnern kleine rote Früchte zu essen, die extrem scharf schmeckten. Er schrieb in einem Brief an die Spanische Krone: „Auf diesen Inseln, wo es in diesem Winter auf den hohen Bergen sehr kalt war, halten sich die Einwohner mit Hilfe der Nahrung warm, die sie stark gewürzt und mit sehr scharfen Gewürzen essen.“ 6 Er hielt die kleinen, roten Beeren für einen Verwandten des Pfeffers und nannte sie „Roter Pfeffer“ (spanisch: piemienta). Auch heute noch ist der englische Begriff für Chilis „ chile pepper“.
Eine frühe schriftliche Erwähnung (allerdings aus zweiter Hand) erfolgte durch einen Italienischen Mönch, der in Diensten des spanischen Gerichts in Barcelona stand, Pietro Martire de Anghiera, und der bei der Rückkehr von Kolumbus 1493 in Spanien anwesend war: „Man muss etwas über den Pfeffer sagen, der auf den Inseln und dem Kontinent gesammelt wurde – aber es ist nicht Pfeffer, auch wenn er dieselbe Stärke und Geschmack hat und genauso geschätzt wird. Die Einheimischen nennen ihn axi und die Pflanze ist größer als Mohn. Wenn man es verwendet braucht man keinen schwarzen Pfeffer mehr.“ 7
Die auf den folgenden Reisen mitfahrenden Mönche sammelten die Samen von den vielen Pflanzen der neuen Welt, um sie dann nach ihrer Rückkehr in den heimischen Klostergärten zu kultivieren.
Weltweite Ausbreitung
Als später dann auch Gold in Hispaniola gefunden wurde, verkaufte die spanische Krone ihre Rechte am „Pfeffer“ an die Portugiesen, die die Chilis entlang der Handelsrouten in den Orient sowie nach Ostafrika, Indien und Indonesien brachten. Dort wurde der neue „Pfeffer“ schnell in die jeweilige Länderküche integriert.
In Europa verbreitete sich Capsicum erst spät. Er kam mit der Ausbreitung des Osmanischen Reiches im 17. Jahrhundert auf den Balkan nach Ungarn, wo Paprika sich zum Nationalgewürz entwickelte und von dort aus auch den Weg nach Mitteleuropa fand.
Heute ist Chili das Gewürz, das weltweit am weitesten verbreitet angebaut und verwendet wird.
Literatur:
1Knapp, S. (2007): Some like it hot. Sciene 315: 946-947.
2Kraig H. Kraft, K. H. et al. (2014): Multiple lines of evidence for the origin of domesticated chili pepper, Capsicum annuum, in Mexico. PNAS. vol. 111 no. 17: 6165–6170, http://www.pnas.org/content/111/17/6165.full
3Perry, L. et al. (2007): Starch fossils and the domestication and dispersal of chili peppers (Capsicum spp. L.) in the Americas. Science 315: 986-988.
4Powis, T.G., Gallaga Murrieta, E., Lesure, R., Lopez Bravo, R., Grivetti, L., Kucera, H., Gaikwad, N.W. (2013): Prehispanic Use of Chili Peppers in Chiapas, Mexico. PLoS ONE 8 (11): e79013. www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0079013
5Hurst, W.J. et al. (2002): Cacao usage by the earliest Maya civilization. Nature 418: 289-290.
6Engl. Übersetzung des ersten Briefes von Kolumbus an die spanische Krone: http://www.ems.kcl.ac.uk/content/etext/e022.html
7Andrews, J. (1995): Peppers: The Domesticated Capsicums. New Edition. University of Texas Press.
Bildnachweise
Bild 1: Chiltepin – die Urform der Chili © Chili Food
Bild 2: Archäologische Funde von Chili aus der präkolumbianischen Zeit (Stärke, Reste an Werkzeugen etc.)
Bild 3: „Kindererziehung“ bei den Azteken mit Chili (Codex Mendoza)
Bild 4: Kolumbus landet auf Guanahani (zeitgenössischer Holzschnitt), Quelle: Wikipedia public domain
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Sehr gelungener Artikel. Schön zusammengefasst.